Zu einer offenbar ebenso verkaufsfördernden wie politisch hoch anständigen Maßnahme entschloss sich unlängst das Frauenmagazin „Brigitte“. Man warb auf dem Cover mit „50 Seiten neue Mode, gezeigt von Migrantinnen“. Die Redaktion erklärte im Editorial, Geborgenheit sei „keine Frage der Geografie. Sondern des Gefühls.“ Zum einjährigen Jubiläum der „Initiative ‚Ohne Models‘“ zeige man deshalb Frauen mit „Wurzeln in anderen Ländern, doch sie leben in unserer Mitte. Sie gehören hierher.“

Die 50-seitige Strecke will ein „Plädoyer für mehr Vielfalt“ sein, „in der Mode und im Leben.“ Wer mag da etwas einwenden? Die Migrantinnen springen denn auch lachend in die Luft, feixend, bestens gelaunt, fünf Mal pro Seite. Später dann trägt die pensionierte Sparkassenangestellte Gülüfer, 62, einen Smoking, zeigt Mimmi, 36, „romantische Volants“, während Didem, 19, durch Istanbul tanzt und Vo Thi, 30, ein rosafarbenes Bolerojäckchen vorführt. Der abschließende Text stellt noch einmal klar: „Ist doch gut, wenn von allem was da ist, oder?“

Offenste Türen rennt man damit ein, breite Pfade werden beschritten. Doch das ist es nicht, was dieser selbstzufriedenen Feier des Richtigen einen Hautgout beimischt. Das laut hinaus posaunte Alleinstellungsmerkmal „gezeigt von Migrantinnen“ fixiert diese im Status des Exotischen, Außergewöhnlichen, den das Heft doch überwinden will.

„Migrantinnen“ ist die Umverpackung auf einem besonderen Stück Fleisch, die grelle Schleife über ausländischer Haut, die gerade so als fremder Import erscheint. „Migrantinnen“ ist ein begriffliches Kainsmal. Es sondert aus, richtet ab, reduziert. Man stelle sich vor, man läse stattdessen „Mode, gezeigt von Deutschen“ oder „gezeigt von Farbigen“. Was soll dieser umgedrehte Chauvinismus?

Davon abgesehen, ist Migrant/Migrantin ein Anwärter für das Unwort des Jahres. Migrierende, also (aus-)wandernde Menschen sind die hier gelandeten keineswegs. Sie wollen nicht alsbald sich wieder aufmachen, weiterziehen, fortwandern. Sie sind gekommen, um zu bleiben. Sie sind keine Wanderer, sondern Angekommene, machen nicht Station, sondern verharren. So vollendet sich die gutgemeinte Katastrophe: Migrierter Fleischbeschau der hochtönenden und allzu flach gedachten Art.