Es gibt sanftere Polster als jenes auf dem Stuhl des heiligen Ulrich, den unlängst Walter Mixa innehatte und auf dem nun Konrad Zdarsa sitzt. Das katholische Bistum Augsburg gilt als schwieriges Pflaster. Der dort seit 2010 amtierende, aus Görlitz gekommene Bischof lässt sich, so scheint es, weder von der Querelen um den in Augsburg ansässigen nennkatholischen Handelskonzern „Weltbild“ noch von den üblichen „kritischen Stimmen“ verdrießen, die sich für Allgäu und Oberschwaben eine durchsäkularisierte Laienkirche wünschen. Wer Zdarsa sieht, sieht einen munteren Herrn, nicht eben groß, eher asketisch denn barock, eher zupackend denn klügelnd.

Wie bereits sein unmittelbarer Vorgänger stattete Zdarsa der Gemeinde der St.-Margreth-Kirche einen Besuch ab, am „zweiten Sonntag nach Erscheinung“. Dort wird die klassische lateinische Messe gefeiert, wie sie von Konzilspapst Johannes XXIII. approbiert wurde. Doch welcher ikonische Unterschied zu Mixa: Nicht auf einem Bischofssitz wohnte Zdarsa der Messe bei, sondern hinter einer herbeigetragenen schmalen Bank im Chorraum, die ihm nur den Wahl ließ zu knien oder zu stehen, stets den Altar im Blick. Auch Mitra und Stab hatte er zuhause gelassen. Der violette Pileolus zierte das Haupt.

War es also eher der pilgernde Mitbruder denn der residierende Hirte, der den Freunden der Tradition die Ehre erwies? War der Aufseher oder der Nachbar gekommen? Es fand kein Pontifikalamt statt. Zelebrant war der Pater der Petrusbruderschaft. Dieser erinnerte eingangs daran, dass die Diaspora-Erfahrung des Bischofs aus dem Osten in gewisser Weise korreliere mit der inneren Diaspora, in dem sich jahrelang die Anhänger der gregorianischen Messe befanden. Auch diese mussten und müssen mitunter große Strecken zurücklegen, um treu zu bleiben – inmitten, darf man wohl ergänzen, blühender Wüsteneien ringsum.

Der Bischof spendete den Asperges-Segen, zog durch die Reihen, ließ das Weihwasser herabregnen auf Gerechte und Ungerechte, wie es Brauch ist. Des Bades bedürfen die ganz Reinen nicht, „asperge me, Domine, hyssopo et mundabor: lavabis me, et super nivem dealbabor“. Ins Bad der evangelischen Worte lud der Gast in der übervollen Kirche, als er anhob zu predigen: erzählend, plaudernd fast, 25 Minuten lang, als wolle er den rechten Ton nicht verfehlen im Angesicht der Frommen. Traf er ihn?

„Gerade hier und heute“ und also vis-a-vis der ungeteilt römisch-katholischen Katholiken wand er dem ökumenischen Gespräch einen Kranz. Manchmal zeigten protestantische Gelehrte katholischen Professoren, was eine katholische Harke sei, und beschämten diese geradezu, „ich könnte einen Namen nennen.“ Letztlich sei die eine, die frohe Botschaft unstrittig.
Ganz im Sinne des letzten Konzils und des gegenwärtigen Papstes bekräftigte Zdarsa die Einheit der Sendung in der Verschiedenheit des Dienstes: „Immer wenn die Heilige Schrift vorgetragen wird, spricht Christus selbst zu uns, der erhöhte Herr. Darum ist es nur Aufgabe des geweihten Priesters, das Evangelium zu verkünden. Nur er stellt seine Person, seine Stimme, auch die Anstrengung seines Gedankens bei der Predigt Christus zur Verfügung, damit Er zur Sprache kommen kann, damit Er sich den Menschen mitteilen kann. Welch hohe Verantwortung haben wir bei der Verkündigung des Evangeliums!“ Laienpredigt ist demnach ebenso ein hölzernes Eisen wie Laienverkündigung.

Am Schluss griff kehrte der Gedanke wieder. Zdarsa warnte vor einem falschen Gerechtigkeitsempfinden in der Kirche. Die Mahnung aus der Lesung machte er sich zu Eigen – „Wer lehrt, soll lehren“ – und fuhr fort: „„Im Laufe der Zeit hat sich bei uns vieles auf die Priester konzentriert. Wir sollten uns (…) auf unsere persönliche Berufung besinnen und diese ausführen und nicht versuchen, dass jeder aus Gerechtigkeitsgründen jedes machen kann. Nein, jeder muss seiner Berufung gemäß handeln. Das gilt es zu respektieren. Niemand soll sich anmaßen, was eigentlich die Berufung eines anderen Menschen ist – aus Gnade wohlgemerkt und nicht aus eigenem Verdienst.“ Priesteramt in Laienhand, so die abermals sehr konzilstreue Pointe, wäre der nächste schwarze Schimmel.

Dazwischen wandte sich Zdarsa implizit gegen die Neigung der Bruderschaft des Hl. Pius X., für dieses oder jenes Ziel einen „Gebetssturm“ zu entfachen. Nur Beten genügt nicht; „das nämlich hieße, dass wir nur auf den Knien liegen müssen und beten, und dann kann Gott gar nicht mehr anders. (…) Es geht nicht darum, dass wir quasi mit anderen Mitteln – und wenn es das Mittel des Gebets ist – unseren eigenen Willen verfolgen.“ Beten heiße immer, auf den Willen des Vaters zu hören. Nicht anders formuliert es Benedikt XVI. derzeit in seinen Mittwochskatechesen.

Danach reichte man nebenan Sekt und Saft und Salzgebäck. Sonnig war der Himmel, heiter die Stimmung. Die Zeichen des Tages besagen: Es ist normal, wenn ein Bischof auch im außerordentlichen Ritus betet und segnet. Es ist normal, dass Zweites Vatikanum und Alte Messe aufeinander hören. Es wird bald normal sein, dass Bischöfe sonntags den Ysop erflehen und den Schnee und hoffen, „iudica me“.