Die Wahlen zum Deutschen Bundestag 2017 a. D. hielten auch den Schreiber auf Trab. Im Wahlkampf, so schrieb ich es am 4. September 2017 nieder (Link), waren die Terraingewinne des Genossen Scholz überschaubar. „Da war eine Frau, die die Welt regieren will, und da war ein Mann, der für den Stadtrat von Würselen kandidiert. Beide Posten stehen am 24. September nicht zur Wahl.” Am 14. September (Link) sah ich dennoch die gute alte Moralkeule in den Händen der Amtsinhaberin: „Der Kritiker wird zum Menschenfeind. Damit aber wird die Vernunft, verstanden als Ensemble allgemein einsichtiger Gründe, aus dem Debattenfeld gestoßen. Der Kurs der Vernunft führt paradoxerweise hinaus aufs offene Meer der Willkür. Wer in den Hafen des Normativen retour will, der fällt über Bord.” Wir werden sehen, ob die neue Schiffsbesatzung Montego Bay (Jamaika) mit letzter Not erreichen wird. Verhalten optimistisch bezüglich neu entdeckter beziehungsweise frisch erzwungener Debattenfreude konnte die Berliner Runde nach den Wahlen stimmen. „Die Konsensrepublik ist Geschichte”, rief ich am 24. September aus (Link). War ich voreilig? Eines blieb sich gleich. Das Wort Verantwortung harrt noch seiner Übersetzung ins Deutsche. Am 28. September (Link) kam ich zu diesem Ergebnis. „Fast niemand ist bereit, die Verantwortung für sein Tun und Lassen zu tragen. Insofern nährt derselbe brackige Humus die politische Elite und das gesellschaftliche Bodenpersonal. Ihnen allen, uns allen schrieb der Philosoph Hans Jonas mit seinem Hauptwerk ‚Das Prinzip Verantwortung’ ins Stammbuch: Verantwortung ist ‚die Vorbedingung der Moral’.” Letztlich gilt dieser Zusammenhang für das künstlerische wie finanzielle Debakel der diesjährigen documenta. Am 24. August (Link) fiel mir dazu ein bekannter Spruch ein: „Doof bleibt doof.” Und: „Kunst als Kampfgebiet der Linken, offener Dialog als geschlossene Denkformation, Schlagwortgeblubber statt Gedankenrede. Shame on us: Der Kasseler Skandal − hier trifft das Wort zeigt − über den Einzelfall hinaus, was derzeit schiefläuft im öffentlichen Gespräch und im Kunstbetrieb, an vielen, wenngleich nicht allen Stellen. Westlicher Selbsthass feiert billige Triumphe, breit subventioniert, luxuriös kuratiert. Wer vorgibt, Fragen zu stellen, will oft nur seine Antworten ins eh schon einverstandene Publikum plärren, will gerade nicht Partizipation, Dialog, Diskurs, sondern Nachfolge, Einverständnis, Akklamation. Zustimmungspflichtig wird, was man nicht mehr bestreiten dürfen soll: Globalisierung ist mies, Kapitalismus falsch, der Westen ruiniert, Migration gut.”